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pdf Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes für Baden-Württemberg Neu

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Vorbemerkung

Der Landeselternbeirat hat sich im ersten Halbjahr 2024 intensiv mit den geplanten Bildungsreform-Bestandteilen beschäftigt, die nun mit dem vorliegenden Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes Eingang in die Umsetzung finden sollen.

Hierbei erteilten uns nach dem jeweiligen Kenntnisstand verschiedene Mitarbeitende des Kultusministeriums Auskunft. Durch die zeitlich herausfordernde Fertigstellung des Gesetzentwurfs kurz vor Beginn der Sommerferien und gleichzeitiger Frist zur Abgabe einer Stellungnahme vor der ersten Sitzung des Landeselternbeirats im Schuljahr 24/25 wurde der Landeselternbeirat leider nicht in die Lage versetzt, die konkreten Gesetzesformulierungen und -Inhalte in der Detailtiefe mit Fachleuten des Kultusministeriums zu besprechen, wie es der Umfang der Änderungen eigentlich verlangen würde.

Der Landeselternbeirat weist nachdrücklich darauf hin, dass eine Beteiligung des ehrenamtlich tätigen Beratungsgremiums insofern Berücksichtigung finden muss, dass die Fristen auch eine intensive Beratung ermöglichen, die dann Eingang in diese Stellungnahme findet.

Im Folgenden unsere Einzelbemerkungen zu den im Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes enthaltenen Artikel sowie zu den in der dem Gesetzentwurf angehängten Begründung, Punkt 5 „Finanzielle Auswirkungen“, Unterpunkt b) bb) und c) aa):

Artikel 1

Nummer 2

Den neuen Absätze 3 und 4 des §5 SchG können wir nur zustimmen, wenn für die Kooperationslehrkräfte hierbei ein großzügig bemessenes Deputatsstundenkontingent vorgehalten wird. Grundschulen leiden ohnehin an zu knapp bemessenen Deputatsstunden; die Aufgaben und Anforderungen an die Lehrkräfte und Schulleitungen im Primarbereich sind so vielfältig wie in keiner anderen Schulart.

Die zusätzliche Übertragung dieser – wichtigen und richtigen! – Aufgabe der Einschätzung der Schulreife an Grundschullehrkräfte muss daher personelle Konsequenzen im Primarbereich nach sich ziehen, deren explizite Erwähnung wir an dieser Stelle vermissen.

Nummer 4

Die Juniorklassen als Nachfolgeinstrument der Grundschulförderklassen scheinen zunächst eine rein kosmetische Umbenennung zu sein. Für eine finale Beurteilung fehlen zum jetzigen Zeitpunkt die Details, auch hinsichtlich der personellen Ausgestaltung, z.B. mit multiprofessionellen Teams.

Dem Absatz 2 des neuen § 5b SchG können wir als Landeselternbeirat nur zustimmen, wenn ergänzend noch der Satz eingefügt wird:

„Dabei muss für jedes Kind mit Förderbedarf eine Juniorklasse in vergleichbarer Entfernung wie der Besuch einer Regelklasse ermöglicht sein.“

Dem neuen §5c SchG können wir als Landeselternbeirat nur zustimmen, wenn ergänzend zwischen Absatz 1 und 2 als neuer Absatz 2 eingefügt wird:

„Dabei muss jedes Kind mit intensivem Sprachförderbedarf eine Sprachfördergruppe ohne Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs oder spezieller Beförderungsangebote ermöglicht werden.“

Nummern 6 und 7

In den neuen §§41(1a) und 72a(1) SchG werden den Schulleitungen der Grundschule erhebliche zusätzliche Aufgabengebiete übertragen. Hierfür gilt unsere Anmerkung wie oben zu Artikel 1 Nummer 2 gemacht, entsprechend: Der Landeselternbeirat kann diesen Änderungen nur zustimmen, wenn hierfür großzügig bemessene Anrechnungsstunden vorgesehen sind. Mangels vorliegender entsprechender Verwaltungsvorschriften ist dies zum jetzigen Zeitpunkt nicht hinreichend überprüfbar und scheint sich somit einzureihen in die innerhalb der vergangenen zehn bis 15 Jahre gängigen Praxis, immer neue Aufgaben ohne ausreichend Anrechnungsstunden auf Lehrkräfte und insbesondere Schulleitungen abzuwälzen.

Den neuen §72a(4) SchG lehnt der Landeselternbeirat ab. Durch die enorme zeitliche Verzögerung des Inkrafttretens der Verpflichtung wird die Überprüfbarkeit der Wirksamkeit dieser Maßnahme um weitere drei Jahre hinausgezögert. Es wurde schon viel zu lange gewartet, bis etwas getan wurde; insofern können wir eine weitere Verzögerung weder verstehen noch mittragen.

Nummer 8

Der neu gefasste §74(4) Nr. 2 SchG ist insofern missverständlich formuliert, als dass hier eine ganz wesentliche Rationale des gesamten SprachFit-Pakets ad absurdum geführt wird. Ausgerechnet Kinder mit nicht deutscher Herkunftssprache wären nach Nummer 2 nicht zum Besuch der Juniorklasse verpflichtet. Gleichzeitig fehlt allerdings das verpflichtende Vorschuljahr.

Diesem Umstand stimmen wir nicht zu.

Artikel 2

Nummer 2

Für die zusätzliche Statistik gelten die obigen Anmerkungen zu Artikel 1, Nummern 2, 6 und 7 entsprechend: Jegliche zusätzliche Aufgabe muss mit Anrechnungsstunden oder der Implementierung eines verlässlichen Systems von Verwaltungsassistenten ausgeglichen werden. Ohne diese erleichternde Maßnahmen können wir dem geplanten §115c nicht zustimmen.

Artikel 3

Nummer 3

Für den Landeselternbeirat ist nicht ersichtlich, wie genau die Einstufung nach Klasse 5 in die Niveaus G und M erfolgt. Es ist dringend erforderlich, dass an dieser Stelle spezifiziert wird, wie die Einstufung erfolgt.

Der Landeselternbeirat begrüßt ausdrücklich die Einbeziehung der Schulkonferenz bei der Entscheidung zur Einrichtung von Realschulverbünden nach dem geplanten §7(8) SchG.

Nummer 4

Die geplante Änderung des §8(1) SchG stuft der Landeselternbeirat als extrem kritisch ein.

Mit der Wiedereinführung von G9 bestand weitgehend Konsens, dass die Gefahr bestünde, dass das Gymnasium künftig von noch mehr Kindern besucht würde. Zahlreiche flankierende Maßnahmen der Wiedereinführung von G9, die in dem hier vorliegenden Änderungskatalog des Schulgesetzes Niederschlag gefunden haben, basieren auf exakt dieser Befürchtung.

Insofern ist es absolut unverständlich, dass nun das Profil des Gymnasiums weiter gefasst werden soll.

Der Landeselternbeirat ist der Meinung, dass die neben dem Gymnasium bestehenden Schularten den Fokus der beruflichen Orientierung haben sollten, während das allgemeinbildende Gymnasium nach wie vor, bzw. wieder stärker den klaren Fokus auf die Vorbereitung zur Studierfähigkeit vertreten soll.

Durch die nun geplante Neuformulierung und die explizite Aufnahme von Berufswahl du beruflicher Ausbildung als Ziele einer gymnasialen Bildung wird das Gymnasium eine noch stärkere Konkurrenz für Real- und Gemeinschaftsschule, als es dies bereits bisher war.

Die Änderung des §8(1) SchG lehnen wir daher klar ab und empfehlen stattdessen die Formulierung:

„Das Gymnasium vermittelt Schülerinnen und Schülern mit entsprechenden Begabungen und Bildungsabsichten eine breite und vertiefte Allgemeinbildung, die zur Studierfähigkeit und zur fundierten Studienfach- und Berufswahl befähigt.“

Nummer 8

Der Landeselternbeirat begrüßt ausdrücklich die Einbeziehung der Schulkonferenz bei der Entscheidung zur Einrichtung von Kooperationen nach dem geplanten §18a SchG.

Nummer 9

Der Landeselternbeirat lehnt den neu gefassten §88 SchG in weiten Teilen ab.

Wir erkennen an, dass es in der Vergangenheit neben zahlreicher Fehlempfehlung durch die Grundschul-Lehrkräfte auch vereinzelt Eltern gab, die eine für das Kind nicht optimale Entscheidung getroffen haben. Dies beruhte jedoch häufig auf mangelnder Information und Aufklärung, mangelnder Sprachkenntnisse in Kombination mit einem überkomplexen baden-württembergischen Bildungssystem.

Wir verweisen an dieser Stelle auf unseren bereits im Dezember 2023 veröffentlichten Vorschlag zur Neufassung des Übergangs auf die weiterführenden Schulen, das final den Elternwillen als schlussendlich ausschlaggebend beibehält, davor jedoch intensive Beratung und Aufklärung statt rigider Beschränkungen in den Fokus setzt.

Dies kann sehr einfach erreicht werden, indem in den vorliegenden §88(3) als abschließender Satz eingefügt wird:

„Ist das Ergebnis des Potenzialtests negativ, besteht aber seitens der Eltern trotzdem der Wunsch zur Aufnahme am Gymnasium, ist ein verpflichtendes Beratungsgespräch an der Zielschule vorgesehen.“

Artikel 4

Der Landeselternbeirat begrüßt ausdrücklich die Ausweitung der Ganztagsangebote auf alle SBBZ außer den Klinikschulen.

Anmerkung zu den Innovationselementen

Der Landeselternbeirat begrüßt ausdrücklich die Innovationselemente 2 „Medienbildung/Informatik“ und 3 „Demokratiebildung“.

An den Gymnasien halten wir es für überlegenswert, inwieweit die Reihenfolge der Schwerpunktsetzung nicht sinnvollerweise in der Mittel- und Oberstufe getauscht werden sollten.

Demokratiebildung sollte unbedingt nach Klasse 6 fortgeführt werden, da in diesem Alter die Grundlagen gelegt werden und Kinder zahlreichen Einflüssen aus den sozialen Medien ausgesetzt sind, denen mit demokratiebildenden Informationen entgegengehalten werden muss.

BNE kann unserem Dafürhalten auch später begegnet werden, wenn die Schülerinnen und Schüler ohnehin ein „demokratiebildendes Grundrauschen“ über den Gemeinschaftskundeunterricht erhalten.

Absolut unverständlich ist die ausschließliche Anwendung des gymnasialen Innovationselements 2 in den anderen Schularten.

Insbesondere das Innovationselement 3 muss zwingend auch und vor allem in diesen Schularten Eingang finden – und zwar ebenfalls durchgängig ab Klasse 5.