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Ein bisschen mehr als ein Jahr 20. LEB

Ins kalte Wasser geschmissen, erlebten wir recht schnell ein – für bildungspolitische Verhältnisse – wahres Feuerwerk

Das erste komplette Schuljahr des 20. Landeselternbeirats geht zu Ende. Ein Schuljahr, von dem zu Beginn noch niemand geahnt hat, welche großen bildungspolitischen Brüche es bringen würde.

ein jahr landeselternbeirat baden wuerttembergNicht wenige dachten vor einem Jahr, das angekündigte Bürgerforum zur Frage „G8 oder G9“ sei eine Nebelkerze aus der Villa Reitzenstein, um dem Volksantrag „G9 jetzt! BW“ den Wind aus den Segeln zu nehmen. Nicht wenige wussten zu Schuljahresbeginn nicht, ob ebendieser Volksantrag erfolgreich sein würde. Nicht wenige hatten Bedenken, der Bürgerforums-Prozess könnte gelenkt sein.

Sie alle hatten Unrecht.

Hochgeschwindigkeitsänderungen

In wenigen Wochen und Monaten hat das baden-württembergische Schulsystem im zu Ende gehenden Schuljahr mehr Bewegung hingelegt als in allen Jahren seit 2012 zusammen. Und das, obwohl im Koalitionsvertrag der aktuellen Regierung explizit drinstand, das Schulsystem im Großen und Ganzen nicht anzutasten. Verbriefter Stillstand sozusagen.

Als Landeselternbeirat hätten wir uns natürlich ein bisschen mehr gewünscht. Bereits kurz nach Veröffentlichung des Bürgergutachtens im Dezember hatten wir noch vor Weihnachten neun Impulse veröffentlicht. Sie drehten sich nicht nur um die Art der G9-Wiedereinführung, sondern auch darum, was flankierend getan werden müsste. Wir hätten uns eine stärkere Profilierung in den Schularten neben dem Gymnasium gewünscht, zum Beispiel durch eine explizite Empfehlung der Gemeinschaftsschule (gibt es auch weiterhin nicht), zum Beispiel durch weniger G-Niveau auf Realschulen (es wird stattdessen nun mehr geben). Wir hätten uns gewünscht, dass man sich bei der Grundschulempfehlung ehrlich macht und auch mal anspricht, ob es sinnvoll ist, die Lehrkräfte in den Grundschulen circa 50% Gymnasialempfehlungen aussprechen zu lassen, wo im Schulgesetz immer noch steht, dass die Schulart Gymnasium „Schülern mit entsprechenden [...] Bildungsabsichten“ eine Bildung vermitteln soll, „die zur Studierfähigkeit führt“. Es ist nämlich durchaus zu hinterfragen, ob nicht auch der nahezu inflationäre Anstieg der Gymnasialempfehlungen zur zumindest wahrgenommenen bzw. gefühlten Abwertung der anderen Schularten geführt hat.

 

Das natürliche Recht der Eltern, die Erziehung und Bildung ihrer Kinder mitzubestimmen, muss bei der Gestaltung des Erziehungs- und Schulwesens berücksichtigt werden.

 

Fokus der Grundschulempfehlung

Als Interessenvertretung der Eltern ist es unsere natürliche Pflicht, Elternrechte zu verteidigen. Das heißt nicht, dass wir nicht auch kritisch die eigene Klientel beobachten und Fehlentwicklungen ansprechen. Ja: Es gibt Eltern, die im Bestreben, das Beste für ihr Kind zu wollen, dieses zur 5. Klasse an einem Gymnasium anmelden, obwohl es dort überfordert wird. Diese Eltern tun ihrem Kind keinen Gefallen, denn Misserfolgserlebnisse in Klasse 5 oder 6 werden die gesamte weitere Schulzeit wie eine Versagens-Bürde auf den Kindern lasten. Unser Schulsystem – dafür ist Baden-Württemberg bekannt – bietet genügend Durchlässigkeit, um auch ohne den Besuch eines Gymnasiums ab Klasse 5 die Hochschulreife zu erlangen, wenn es denn überhaupt eine sein muss.

Wogegen wir uns als Landeselternbeirat aber vehement stemmen, ist die Verengung der politischen Diskussion rund um die Grundschulempfehlung auf ebendiese falschen Elternentscheidungen. Gefälligkeitsempfehlungen oder einfach Fehleinschätzung wohlwollender Grundschullehrkräfte sind genauso problematisch, fanden allerdings keinerlei Widerhall in den Äußerungen derer, die sich für die Wiedereinführung der verbindlichen Grundschulempfehlung feiern lassen wollten.

So können wir im Zusammenhang mit den Elternrechten zum Ende unseres ersten Jahres im Amt als 20. Landeselternbeirat zumindest mit ein wenig Konsternierung bilanzieren:
Elternrechte? Schnee von gestern.

 

Bei der Erfüllung ihres Auftrags hat die Schule das verfassungsmäßige Recht der Eltern, die Erziehung und Bildung ihrer Kinder mitzubestimmen, zu achten [...].

 

Die aktuelle Regierungskoalition hat es geschafft, binnen 12 Monaten in zwei für Eltern von Grundschulkindern essentiellen Bereichen Elternmitwirkung stark zu beschneiden: Zunächst durch die Änderung des § 4a Schulgesetz (Entscheidung der Umwandlung einer Grundschule in eine Ganztagsschule nicht mehr in der Schulkonferenz) und nun bei der kommenden Grundschulempfehlung (bei der ultimativ ein Test allein ausschlaggebend sein wird).

Das ist dann schon auch irgendwie bemerkenswert. Die gleiche Regierungspartei, die seit Übernahme der Regierungsgeschäfte mit Volksantrag und Bürgerforum mehr Mitbestimmungsrechte für Bürgerinnen und Bürger in der Politik einführte, trägt nun die eklatante Beschränkung von Mitbestimmungsrechten der Eltern in der Schule mit. In beiden Fällen wäre es so einfach, durch Aufklärung und Information mehr zu erreichen als durch Zwang.

Es wird also spannend bleiben für den 20. LEB.
Für unsere Kinder.


 

100% Politik-Schauspiel – Bildungsallianz gescheitert

Gruppenbild der Sitzung des Landeselternbeirats Baden-Württemberg mit Kultusministerin Theresa Schopper und LEB-Vorsitzendem Sebastian Kölsch am 24. April 2024 im Kultusministerium in Stuttgart.

Seit vielen Jahren ist es gang und gäbe, dass bei dem Gespräch zur Erläuterung der Grundschulempfehlung nicht nur die Lehrkraft und die Eltern beratschlagen, sondern diejenigen, die es betrifft, auch dabei sind: die Kinder.

Die Politik ist noch nicht soweit. Sie traf sich zu einer Fortsetzung der Gespräche über eine mögliche Bildungsallianz. Eingeladen waren hier die Betroffenen natürlich nicht.

Die Ankündigung der Gespräche zur Bildungsallianz hatten wir sehr erfreut vernommen, die Verschiebung der zweiten Gesprächsrunde um mehrere Wochen hätte uns dann aber schon stutzig machen müssen.

Die Location Bebenhausen wirkt wie eine Trutzburg, schwer einnehmbar, etwas angestaubt, knarzende Dielenböden – kurz: zwischen den Altaren Muff von 1000 Jahren. Ein Ort wie gemacht für zukunftsorientierte Bildungspolitik...

Kaum hatten sich alle eingefunden, fiel dem Vernehmen nach irgendwo eine Kaffeetasse um, und der Vorhang fiel. Wortreich wurde von der Opposition das Ende der Bildungsallianz beklagt, danach ebenso wortreich von der Koalition erklärt, dass man schon halt auch Vorschläge mitbringen müsse und überhaupt: Jetzt sei auch mal wieder gut mit so Allianzen, jetzt werde wieder regiert und opponiert. Basta.

Wer nicht zu Wort kam: Schulleitungen, Lehrkräfte, Schüler oder Eltern. Was nicht zu Wort kam: die Notwendigkeit, dass Schulen Ruhe brauchen und nicht wie das Kaninchen vor der Wahltagsschlange sitzen sollten, weil sie befürchten müssen, dass wieder einmal alles umgeschmissen wird. Was wieder einmal im Fokus stand: Strukturdebatten statt Qualitätsoffensiven, Politik-Klein-Klein statt Zukunftsbildung oder Bildungszukunft, Koalitionskonstrukt statt Allianzansatz.

Was genau im Bildungsreform-Paket enthalten ist, haben wir im Artikel »Erziehungspartnerschaft – was war das nochmal?« in der Schule im Blickpunkt 5/2024 zusammengefasst.

Ganz besonders weisen wir mit allem Nachdruck darauf hin, dass eine Beschneidung der elterlichen Kompetenz im Zusammenhang mit der Entscheidung über die weiterführende Schulart ein Rückschritt ist. Wir möchten intensive Gespräche führen, um auszuloten, warum hier wieder einmal die Erziehungpartnerschaft zu Ungunsten der Eltern verschoben wird.

Hierzu gibt es auch den ein oder anderen Bericht aus der presse in unserer Presse-Übersicht.

LEB-Sitzung mit Ministerin Theresa Schopper

Gruppenbild der Sitzung des Landeselternbeirats Baden-Württemberg mit Kultusministerin Theresa Schopper und LEB-Vorsitzendem Sebastian Kölsch am 24. April 2024 im Kultusministerium in Stuttgart.Zum einjährigen Bestehen des 20. Landeselternbeirats war Kultusministerin Theresa Schopper zu Gast im LEB. Ihre Teilnahme war bereits Anfang Oktober vereinbart worden, nachdem sie dem Gremium zum Schuljahresstart einen kurzen Besuch abgestattet hatte.

Die Teilnahme auf der 12. Sitzung war indes ein Arbeitsbesuch: Es ging um die großen Themen, die den baden-württembergischen Kultusbereich zur Zeit beschäftigen:

  • Sprachförderkonzept vor Schuleintritt
  • Rückkehr zu G9
  • Lehrkräftemangel und seine Behebung
  • sonstige grundsätzliche Reformideen

Daneben gab es noch zahlreiche Fragen aus den Reihen der LEB-Mitglieder zu Themen wie Zukunft der SBBZ, Lehrkräftefortbildung, Grundschulempfehlung und Gewalt an Schulen.

Eine Woche nach dem parteiübergreifenden Bekenntnis zur G9-Rückkher, nur einen Tag, nachdem sich die Koalition auf das Sprachförderkozept geeinigt hatte, und wenige Tage vor dem nächsten Gipfeltreffen zu einer möglichen Bildungsallianz im Land waren sich Ministerin Schopper und LEB-Vorsitzender Sebastian Kölsch darin einig, dass dies intensive bildungspolitische Zeiten sind. Der Austausch zwischen LEB und der Ministerin ist nicht nur deswegen wichtig, bringt er doch Gedanken und Meinungen ins Ministerium, die sonst nur schwerlich bis in seine Spitze vordringen.

Nach intensiven 90 Minuten des Austauschs bedankte sich der LEB-Vorsitzende bei der Ministerin für den Besuch und gab ihr als vordringlichsten Wunsch der Elternschaft mit, in der Politik für die Impulse des LEB im Zusammenhang mit der Rückkehr zu G9 zu werben. »Das aktuell vieldiskutierte 2-aus-3-Modell bei der Grundschulempfehlung bedeutet de facto eine Rückkehr zur Verbindlichkeit. Als LEB haben wir mit unserer Idee eines auf Kompetenztestung und Beratung basierenden Prozesses einen Impuls gegeben, an dessen Ausarbeitung wir gerne mitwirken.«

Der LEB hat sich für 2024 vorbereitet

Posts Stories 1

Im Schwarzwald hat sich unser Vorstand ein Wochenende lang einquartiert, um die Arbeit des LEB – nicht nur – im begonnenen Jahr zu planen. Es ging auch um Strukturen, Kollaboration, Prozesse, Finanzen, Öffentlichkeitsarbeit, die nächste Sitzung und, und, und...

Wir kommen gestärkt aus Dornstetten zurück und freuen uns auf die vor uns liegenden Aufgaben und dieses spannende Bildungsjahr 2024!

Begrüßung zum Schuljahr 2023/2024

theresa schopper im leb

In der 5. Sitzung des 20. Landeselternbeirats am 20. September 2023 war Kultusministerin Theresa Schopper zu Gast und hat die Mitglieder des LEB zum neuen Schuljahr begrüßt. Sie skizzierte dabei kurz die Herausforderungen und großen Themen, vor denen das baden-württembergische Schulwesen steht und legte die großen Linien ihres Ministeriums dar.

Die kurze Stippvisite war aber lediglich Teaser, denn sie kündigte bereits an, den guten Austausch mit dem Gremium fortzusetzen und bald zu einem intensiven Austausch vorbeizuschauen.

Darauf freuen wir uns!